Die Welt des Coachings ist vielfältig, und systemisches Coaching nimmt einen besonderen Platz ein. Doch was genau versteht man unter systemischem Coaching? Die Definition und Ansätze dieses Coaching-Formats wurzeln in der Systemtheorie, die eine andere Perspektive auf die Herausforderungen des Lebens ermöglicht. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die Grundlagen, die Definition von systemischem Coaching und warum diese Methode in der modernen Coaching-Praxis so bedeutend ist.
Die Wurzeln des systemischen Coachings: Die Systemtheorie
Die Ursprünge des systemischen Coachings liegen in der Systemtheorie, die in den 1940er- und 1950er-Jahren entwickelt wurde. Wissenschaftler wie der Biologe Ludwig von Bertalanffy und die Mathematiker A.D. Hall und R.E. Fagen stellten fest, dass das traditionelle lineare Ursache-Wirkungs-Denken nicht ausreicht, um komplexe Probleme zu erklären. Stattdessen entwickelten sie ein Modell, das die wechselseitige Beeinflussung verschiedener Faktoren in einem System betont.
Ein anschauliches Beispiel hierfür ist das Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver, das Kommunikation nicht als einseitigen Prozess, sondern als Regelkreis beschreibt: Der Sender wirkt auf den Empfänger und umgekehrt. Im Kontext des Coachings bedeutet das, dass Einzelpersonen niemals isoliert betrachtet werden können, sondern immer als Teil eines größeren sozialen Systems.
Was ist systemisches Coaching?
Systemisches Coaching ist ein Ansatz, der den Fokus nicht allein auf die Einzelperson (den sogenannten Coachee) legt, sondern auch das soziale Umfeld, die Beziehungen und die Dynamiken berücksichtigt, die den Coachee beeinflussen. Dies unterscheidet sich von anderen Coaching-Ansätzen, die häufig nur auf die individuellen Herausforderungen abzielen.
Die Definition des systemischen Coachings lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Systemisches Coaching bedeutet, Menschen in ihrem sozialen und systemischen Kontext zu betrachten, um nachhaltige Lösungen für ihre Herausforderungen zu entwickeln.
Die zentralen Prinzipien des systemischen Coachings
1. Fokus auf das soziale System
Im systemischen Coaching wird der Blick über die Einzelperson hinaus auf die sozialen Beziehungen gerichtet. Es geht darum, die Rollen und Wechselwirkungen in einem System – etwa in Teams, Familien oder Organisationen – zu verstehen.
2. Erkennen von Mustern
Soziale Systeme weisen oft wiederkehrende Muster auf. Diese können förderlich oder hinderlich sein. Systemische Coaches helfen Ihnen, diese Muster zu erkennen und bewusst zu verändern.
3. Mentale Landkarten verstehen
Jeder Mensch hat eine individuelle Sichtweise auf die Welt, die sogenannte mentale Landkarte. Diese beeinflusst das Denken und Handeln. Im systemischen Coaching wird diese Landkarte hinterfragt, um neue Perspektiven zu entwickeln.
4. Regeln und Spielmechanismen aufdecken
Jedes System funktioniert nach bestimmten – oft unbewussten – Regeln. Der systemische Coach unterstützt Sie dabei, diese Regeln zu erkennen und gegebenenfalls zu ändern.
5. Umweltfaktoren berücksichtigen
Kein Mensch und kein System existiert unabhängig von äußeren Einflüssen. Systemisches Coaching untersucht, wie Umweltfaktoren auf Sie einwirken und welche Veränderungen möglich sind.
Praxisbeispiel: Systemisches Coaching in Aktion
Angenommen, Sie sind eine Führungskraft und suchen Unterstützung, weil es in Ihrem Team immer wieder zu Konflikten kommt. Statt nur Sie als Führungskraft zu coachen, betrachtet der systemische Coach das gesamte Team als System. Er analysiert, welche Kommunikationsmuster vorherrschen, welche unausgesprochenen Regeln gelten und wie äußere Faktoren, wie etwa der Druck durch das Management, die Dynamik beeinflussen.
Der Coach erarbeitet gemeinsam mit Ihnen Strategien, um die Konflikte zu entschärfen – etwa durch Veränderungen in der Kommunikation oder der Struktur. Ziel ist es, nachhaltige Lösungen zu finden, die nicht nur Sie als Führungskraft, sondern das gesamte Team stärken.
Warum systemisches Coaching so relevant ist
In einer immer komplexer werdenden Welt reicht es oft nicht aus, Probleme isoliert zu betrachten. Die Stärke des systemischen Coachings liegt darin, dass es die Zusammenhänge in sozialen Systemen sichtbar macht. Es schafft einen Raum, in dem neue Perspektiven entstehen und langfristige Veränderungen möglich werden.
Ob in Unternehmen, in der Persönlichkeitsentwicklung oder in zwischenmenschlichen Beziehungen – systemisches Coaching hilft Ihnen, Herausforderungen aus einer ganzheitlichen Sicht zu lösen. Es ist mehr als nur ein Werkzeug; es ist eine Haltung, die Sie in Ihrem Kontext betrachtet und individuelle Lösungen mit Blick auf das große Ganze ermöglicht.
Fazit
Die Definition des systemischen Coachings zeigt, dass es sich um einen Ansatz handelt, der weit über individuelles Problemlösen hinausgeht. Es ist ein Coaching-Format, das Wechselwirkungen, Muster und Regeln in sozialen Systemen erkennt und für positive Veränderungen nutzt. Mit seinen Wurzeln in der Systemtheorie bietet es nicht nur Antworten auf komplexe Herausforderungen, sondern ermöglicht es Ihnen auch, neue Wege zu entdecken, die zuvor verborgen waren.
Dieser Artikel wurde von Viktoria Krebs, Psychologin in Ausbildung, GORTcoaching geschrieben und stützt sich auf Informationen aus:
König, E., & Volmer, G. (2008). Handbuch Systemisches Coaching Für Coaches und Führungskräfte, Berater und Trainer (3.Auflage). Beltz. https://www.stress-auszeit.ch/wp-content/uploads/2021/03/Spirtuelles-Coaching.pdf