Burnout ist mehr als nur Stress oder Erschöpfung. Es handelt sich um ein ernstzunehmendes Phänomen mit klar definierten Kriterien – zumindest laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihrer aktuellen Klassifikation in der ICD-11. Doch woran erkennt man, ob man selbst oder jemand im Umfeld möglicherweise auf dem Weg zu einem Burnout ist?
Burnout ist (noch) keine Krankheit
Wichtig vorweg: Die WHO klassifiziert Burnout in der ICD-11 nicht als medizinische Krankheit, sondern als ein berufsbedingtes Phänomen. Es wird unter den „Faktoren, die die Gesundheit beeinflussen“ gelistet – mit Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit im Arbeitskontext.
Burnout bezieht sich demnach ausschließlich auf den Arbeitsplatz und nicht auf andere Lebensbereiche, wie etwa familiäre oder soziale Belastungen. Die Diagnose ist Fachpersonen vorbehalten – doch das Wissen um typische Warnzeichen kann helfen, früh gegenzusteuern.
Die drei Kernsymptome laut ICD-11
Laut ICD-11 umfasst Burnout drei zentrale Dimensionen. Diese können einzeln auftreten oder sich gegenseitig verstärken:
- Emotionale Erschöpfung
Dies äußert sich als anhaltende Müdigkeit, Energielosigkeit, und das Gefühl, innerlich „leer“ zu sein. Betroffene berichten oft, dass selbst kleine Aufgaben zu viel erscheinen. Auch nach dem Wochenende oder Urlaub kehrt keine Erholung ein. - Mentale Distanzierung oder Zynismus
Eine zunehmende Gleichgültigkeit oder sogar Ablehnung gegenüber der Arbeit. Menschen im Burnout entwickeln eine distanzierte, oft zynische Haltung gegenüber Kollegen und Kolleginnen, Kunden und Kundinnen, oder den eigenen Aufgaben. - Reduzierte berufliche Leistungsfähigkeit
Betroffene erleben sich als weniger wirksam oder kompetent. Konzentrationsprobleme, häufige Fehler, und das Gefühl, den Anforderungen nicht mehr gerecht zu werden, sind typische Anzeichen.
Frühwarnzeichen, die oft übersehen werden
Burnout entwickelt sich schleichend. Frühzeitig wahrgenommene Symptome werden häufig verharmlost – oder als „normaler“ Stress abgetan. Zu den frühen Warnzeichen gehören:
- Schlafstörungen (Ein- oder Durchschlafprobleme)
- Anhaltende Reizbarkeit oder Ungeduld
- Kopf- oder Rückenschmerzen ohne klare körperliche Ursache
- Rückzug von Kollegegen und Kolleginnen, Freundinnen und Freunden oder der Familie
- Gefühl von Sinnverlust oder „funktionieren müssen“
- Erhöhte Fehleranfälligkeit oder Gedächtnislücken
- Zunehmender Gebrauch von Koffein, Alkohol oder anderen „Hilfsmitteln“, um den Alltag zu bewältigen
Wann wird es kritisch?
Wenn die Symptome über mehrere Wochen anhalten und sich verschärfen, sollte professionelle Hilfe gesucht werden. Besonders ernst ist es, wenn zusätzlich Symptome einer depressiven Verstimmung auftreten – etwa tiefe Hoffnungslosigkeit oder der Verlust jeglicher Freude.
Auch wenn Burnout nicht als psychische Erkrankung klassifiziert ist, kann es in eine Depression übergehen oder mit anderen psychischen Erkrankungen wie Angststörungen einhergehen. Eine frühzeitige Abklärung ist daher wichtig.
Was kann ich tun?
Wer erste Warnzeichen erkennt, kann aktiv gegensteuern – etwa durch:
- Reflexion der Arbeitsbelastung und gegebenenfalls das Gespräch mit Vorgesetzten
- Professionelle Begleitung (z. B. Coaching oder psychologische Beratung)
- Regelmäßige Erholung und bewusste Pausen im Alltag
- Förderung von Selbstfürsorge und Achtsamkeit
- Aufbau eines unterstützenden sozialen Netzwerks
Fazit: Hinschauen statt durchhalten
Burnout ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein ernstzunehmendes Warnsignal. Die gute Nachricht: Je früher man die Zeichen erkennt, desto besser kann gegengesteuert werden. Wissen über die ICD-11-Kriterien und typische Frühindikatoren kann helfen, sich selbst und andere besser zu schützen.
DIESER ARTIKEL WURDE VON CELIA JALAß, KLINISCHE PSYCHOLOGIN, GORTCOACHING GESCHRIEBEN UND STÜTZT SICH AUS INFORMATIONEN AUS:
Pelayo-Terán, J. M., Gutiérrez-Hervás, Z., Vega-García, S., García-Llamas, M. E., López-Zapico, C., & Zapico-Merayo, Y. (2024). ICD-11 Burnout for the psychiatrist: Meaning of the concept and prevalence of the condition. European Psychiatry, 67, 141–142.