Führung neu gedacht: Beziehung statt Hierarchie
In der heutigen Arbeitswelt gewinnen kooperative Führungsstile zunehmend an Bedeutung. Mitarbeitende fordern mehr Mitgestaltung, Wertschätzung, und Transparenz. Somit geraten klassische hierarchische Führungsmodelle an ihre Grenzen. Ein Konzept, das diesen Anforderungen gerecht wird, ist das Leader-Member-Exchange-Modell (LMX). Es stellt die Qualität der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden ins Zentrum und bietet damit einen wertvollen Ansatz für Leadership auf Augenhöhe.
Was ist das Leader-Member-Exchange-Modell?
Das LMX-Modell wurde in den 1970er-Jahren von George Graen und seinen Kollegen und Kolleginnen entwickelt. Im Kern besagt es, dass Führung nicht nur durch formale Strukturen und Positionen bestimmt wird, sondern vor allem durch die individuelle Beziehung zwischen der Führungskraft und dem einzelnen Teammitglied. Diese Beziehungen können in ihrer Qualität stark variieren und wirken sich unmittelbar auf Leistung, Motivation, und Zufriedenheit aus.
Das Modell unterscheidet typischerweise zwei Gruppen:
- In-Group: Mitarbeitende, die eine vertrauensvolle, enge Beziehung zur Führungskraft pflegen. Sie erhalten mehr Unterstützung, Feedback, und Entscheidungsspielräume.
- Out-Group: Mitarbeitende, zu denen die Beziehung weniger intensiv ist. Sie erfahren eher formale Kommunikation und geringe individuelle Förderung.
Ziel moderner Führung sollte es sein, diese Differenzierung bewusst zu reflektieren und möglichst allen Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, Teil der „In-Group“ zu werden – ohne Exklusivität, sondern durch inklusive Führung auf Augenhöhe.
Wie lässt sich LMX in der Praxis umsetzen?
1. Beziehungsorientierte Kommunikation pflegen
Führung auf Basis des LMX-Modells beginnt mit echter Kommunikation. Regelmäßige Einzelgespräche, aktives Zuhören, und ein ehrliches Interesse an den Perspektiven der Mitarbeitenden sind zentrale Elemente. Dabei geht es nicht nur um Aufgaben, sondern auch um persönliche Anliegen und Entwicklungsmöglichkeiten.
2. Vertrauen aufbauen und fördern
Vertrauen ist die Grundlage jeder hochwertigen Beziehung. Führungskräfte können dies fördern, indem sie Verlässlichkeit zeigen, transparent entscheiden, und auch selbst Offenheit und Lernbereitschaft demonstrieren. Wer Vertrauen schenkt, erhält in der Regel auch welches zurück.
3. Individuelle Stärken erkennen und nutzen
Das LMX-Modell ermutigt dazu, individuelle Potenziale zu fördern. Das bedeutet, dass Führungskräfte bewusst wahrnehmen, welche Talente, Erfahrungen, und Interessen ihre Teammitglieder mitbringen – und diese gezielt einsetzen und weiterentwickeln.
4. Gleichbehandlung mit Raum für Individualität verbinden
Leadership auf Augenhöhe bedeutet nicht, alle gleich zu behandeln, sondern fair. Das heißt: individuelle Bedürfnisse berücksichtigen, ohne bevorzugend oder ausgrenzend zu agieren.
Vorteile eines hohen LMX-Niveaus
Zahlreiche Studien zeigen: Teams, in denen durchgängig hohe LMX-Beziehungen bestehen, zeichnen sich durch mehr Engagement, geringere Fluktuation, und höhere Leistungsbereitschaft aus. Mitarbeitende fühlen sich gesehen, ernst genommen und zur Mitgestaltung eingeladen. Dies stärkt nicht nur das Teamklima, sondern wirkt sich auch positiv auf die Unternehmensziele aus.
Fazit: Führung als Beziehungsarbeit
Das Leader-Member-Exchange-Modell zeigt eindrücklich, dass Führung weniger durch Anweisungen, sondern vielmehr durch die Qualität der Beziehungen geprägt ist. Wer als Führungskraft auf Augenhöhe agiert, schafft Vertrauen, Motivation, und Verbundenheit – die entscheidenden Faktoren in einer sich wandelnden Arbeitswelt. Leadership nach dem LMX-Modell ist damit nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern ein praktischer Wegweiser für Führung mit Zukunft.
Möchten Sie Ihre Führungsbeziehungen reflektieren und stärken? In unserem individuellen Führungskräfte-Coaching unterstützen wir Sie dabei, das LMX-Modell praxisnah umzusetzen, Ihre kommunikativen Kompetenzen auszubauen, und eine Kultur der Wertschätzung und Zusammenarbeit zu etablieren.
DIESER ARTIKEL WURDE VON CELIA JALAß, KLINISCHE PSYCHOLOGIN, GORTCOACHING GESCHRIEBEN UND STÜTZT SICH AUS INFORMATIONEN AUS:
Martin, R., Ono, M., Legood, A., Dello Russo, S., & Thomas, G. (2023). Leader–member exchange (LMX) quality and follower well-being: A daily diary study. Journal of Occupational Health Psychology, 28(2), 103–116.