Die Methode der Familienaufstellung ist dafür bekannt, tief verborgene Dynamiken in Familiensystemen ans Licht zu bringen. Sie wird geschätzt, da sie durch die Visualisierung und das Nachspüren von Beziehungsmustern häufig zu überraschenden Einsichten und emotionalen Durchbrüchen führt. Dennoch ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Familienaufstellungen kein Allheilmittel sind und nicht für jede Situation geeignet sein können. Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Grenzen der Familienaufstellung und warum in bestimmten Fällen Vorsicht geboten ist.
Wann kann eine Familienaufstellung hilfreich sein?
Familienaufstellungen bieten wertvolle Einblicke in die familiären Ursprünge von Konflikten und emotionalen Belastungen. Sie können besonders unterstützend sein bei:
Unverarbeiteter Trauer
Z. B. wenn der Verlust eines geliebten Menschen das Leben weiterhin stark belastet.
Schwierigen Familienbeziehungen
In denen Konflikte häufig auftreten.
Schuldgefühlen oder Abgrenzungsproblemen
Die aus unbewussten Loyalitäten oder Verpflichtungen gegenüber Familienmitgliedern resultieren.
Beziehungsproblemen
Die auf familiäre Muster zurückzuführen sind.
Selbstwertproblemen aus der Kindheit
Die auf Erziehung und elterliche Erwartungen zurückgehen.
Essstörungen oder psychosomatischen Symptomen
Die durch familiäre Dynamiken beeinflusst werden.
Die Grenzen der Familienaufstellung
Auch wenn Familienaufstellungen in vielen Fällen hilfreich sein können, stoßen sie in bestimmten Situationen an ihre Grenzen. Hier ist besondere Vorsicht geboten:
1. Psychische Erkrankungen
Die Familienaufstellung ist keine geeignete Methode, um ernsthafte psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder ADHS zu behandeln. Solche Erkrankungen haben häufig genetische oder neurologische Ursachen, die durch eine Aufstellung nicht beeinflusst werden können. Zudem besteht die Gefahr, dass Betroffene durch die intensive Erfahrung überfordert werden oder ihre Symptome verstärkt werden.
2. Unsachgemäße Schuldzuweisungen
Unqualifizierte Aufstellungsleiter neigen manchmal dazu, psychische Symptome allein auf die Familie zurückzuführen. Diese Schuldzuweisungen können das Leiden der Betroffenen verschärfen und andere wichtige Ursachen außer Acht lassen. Eine Familienaufstellung sollte niemals dazu dienen, Schuldige zu suchen.
3. Traumabewältigung
Bei traumatischen Erlebnissen ist besondere Vorsicht geboten. Traumata erfordern in der Regel eine behutsame und langfristige psychotherapeutische Bearbeitung. Eine Familienaufstellung kann in solchen Fällen nur unterstützend wirken und sollte Teil eines umfassenden Therapieplans sein.
4. Fehlende Qualifikation der Aufstellungsleiter
Da es keine einheitlichen Standards für die Ausbildung von Aufstellungsleitern gibt, variieren deren Qualifikationen stark. Unerfahrene oder unzureichend geschulte Leiter können mehr Schaden als Nutzen anrichten.
Warum die richtige Vorbereitung entscheidend ist
Eine sorgfältige Vorbereitung ist entscheidend, um die Grenzen der Familienaufstellung nicht zu überschreiten. Informieren Sie sich im Vorfeld über die Qualifikationen und Erfahrungen des Aufstellungsleiters. Eine psychotherapeutische oder systemische Ausbildung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Hinweis auf Kompetenz. Außerdem sollten Sie mit einem klar formulierten Anliegen an die Aufstellung herangehen – je konkreter Ihr Anliegen, desto zielgerichteter kann die Methode angewendet werden.
Fazit: Die Familienaufstellung als ergänzende Methode
Familienaufstellungen können ein kraftvolles Werkzeug sein, um familiäre Dynamiken besser zu verstehen und zu lösen. Sie ersetzen jedoch keine fundierte psychotherapeutische oder medizinische Behandlung. Ihre Grenzen liegen dort, wo genetische, neurologische oder schwerwiegende psychische Probleme eine Rolle spielen.
Indem Sie sich dieser Grenzen bewusst sind, können Sie die Vorteile der Methode gezielt nutzen und gleichzeitig vermeiden, sich oder andere zu gefährden. Die Stärke der Familienaufstellung liegt in ihrer Fähigkeit, einen neuen Blick auf Familiensysteme zu eröffnen – sie stößt jedoch an ihre Grenzen, wenn sie als Universalheilmittel betrachtet wird.
Dieser Artikel wurde von Viktoria Krebs, Psychologin in Ausbildung, GORTcoaching geschrieben und stützt sich auf Informationen aus:
Gamber, P. (2016). Grundlagen der Familienaufstellung für Dummies Familienbände räumlich dargestellt. WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA. https://books.google.nl/books?hl=de&lr=&id=jwvSCwAAQBAJ&oi=fnd&pg=PP8&dq=Kritik+Familienaufstellung&ots=_LHOyAer66&sig=BDI0GSfMMGXKbRElUI9wPtqR3lY&redir_esc=y#v=onepage&q=Kritik%20Familienaufstellung&f=false