Die Verbindung zwischen Körper und Geist spielt eine entscheidende Rolle für unser Wohlbefinden. In einer Zeit, in der Stress, Hektik und äußere Reize unser Leben bestimmen, sehnen sich viele Menschen nach einer Methode, die Körper und Geist in Einklang bringt. Eine bewährte Technik, die genau das ermöglicht, ist das Autogene Training. Dieses Verfahren, entwickelt von Johann Heinrich Schultz, schafft eine Brücke zwischen körperlicher Entspannung und mentaler Ruhe. In diesem Artikel erfahren Sie, wie das Autogene Training funktioniert und wie es Ihnen helfen kann, Ihre körperlichen und geistigen Ressourcen besser zu nutzen.
Was ist Autogenes Training?
Das Autogene Training ist ein systematisches Entspannungsverfahren, das auf der Kraft der Selbstsuggestion basiert. Es gehört zu den geistigen Behandlungsformen, die mit mentalen Vorstellungen arbeiten. Ziel ist es, über gezielte Gedanken und Bilder eine tiefgreifende Entspannung des Körpers herbeizuführen und so eine „vegetative Umschaltung“ zu bewirken. Diese Umschaltung versetzt Ihren Körper in einen Zustand, der mit dem Tiefschlaf vergleichbar ist – ein Zustand, in dem sich Ihre inneren Ressourcen optimal regenerieren können.
Die Methode greift auf das Konzept der Ideoplasie zurück, das beschreibt, wie mentale Vorstellungen direkte körperliche Reaktionen hervorrufen können. Ein alltägliches Beispiel ist der Speichelfluss, der einsetzt, wenn wir an ein köstliches Essen denken. Ebenso können negative Emotionen wie Angst oder Schrecken körperliche Reaktionen wie erhöhten Puls oder schwitzige Hände auslösen. Das Autogene Training nutzt diesen Mechanismus gezielt, um durch positive Vorstellungen Entspannung und Wohlbefinden zu fördern.
Wie funktioniert das Autogene Training?
Im Autogenen Training lernen Sie, durch bestimmte Formeln und mentale Bilder Ihren Körper systematisch zu entspannen. Es umfasst verschiedene Übungen, die sich auf Körperbereiche wie Arme, Beine, Herz und Atmung konzentrieren. Typische Formeln sind etwa: „Meine Arme sind schwer und warm“ oder „Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig“. Durch regelmäßiges Üben verstärken sich diese suggestiven Botschaften und führen zu einer spürbaren Entspannung.
Die Methode wurde von Johann Heinrich Schultz aus fernöstlichen Meditationspraktiken entwickelt, die er für die Bedürfnisse des westlichen Lebensstils angepasst hat. Das Ziel ist eine praktische, leicht erlernbare Technik, die Sie in Ihren Alltag integrieren können.
Die Brücke zwischen Körper und Geist
Autogenes Training ist mehr als nur ein Entspannungsverfahren – es ist eine Methode, die Ihnen hilft, die Verbindung zwischen Körper und Geist bewusst wahrzunehmen. Die Wechselwirkungen zwischen mentalen Vorstellungen und körperlichen Reaktionen sind Teil unseres täglichen Lebens, auch wenn wir sie oft nicht bewusst steuern. Ein humorvolles Beispiel, das diesen Effekt veranschaulicht, ist die Geschichte eines Flötisten, der während eines Konzerts auf einen Zuschauer blickt, der genüsslich in eine Zitrone beißt. Der Flötist verspürt daraufhin einen so starken Speichelfluss, dass er nicht weiterspielen kann. Dieses Phänomen zeigt, wie mächtig die Vorstellungskraft ist. Beim Autogenen Training wird diese Kraft genutzt, um positive körperliche Zustände wie Entspannung, Ruhe und Wohlbefinden hervorzurufen.
Vorteile des Autogenen Trainings
Stressbewältigung:
Regelmäßiges Training kann Stresssymptome reduzieren und hilft Ihnen, gelassener mit Herausforderungen umzugehen.
Körperliche Entspannung:
Das Verfahren senkt die Muskelspannung, fördert eine tiefere Atmung und aktiviert das parasympathische Nervensystem, das für Regeneration und Erholung zuständig ist.
Verbesserte Selbstwahrnehmung:
Sie lernen, Ihren Körper bewusster wahrzunehmen und auf seine Signale zu reagieren.
Selbstwirksamkeit:
Durch die aktive Steuerung Ihrer Entspannungsfähigkeit fühlen Sie sich selbstbestimmter und gestärkt.
Autogenes Training in der Praxis
Wenn Sie Autogenes Training erlernen möchten, ist es hilfreich, mit kleinen Übungen zu beginnen, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Um die Technik effektiv zu nutzen, empfiehlt es sich, unter Anleitung eines erfahrenen Trainers zu starten. Eine bewährte Einstiegsübung ist der Pendelversuch, bei dem Sie die Bewegung eines Pendels allein durch Ihre Vorstellungskraft beeinflussen. Diese Übung zeigt, wie Ihre Gedanken minimale muskuläre Impulse auslösen können – ein Vorgang, der auch beim Autogenen Training genutzt wird.
Fazit
Autogenes Training ist eine kraftvolle Methode, die eine Brücke zwischen Körper und Geist schlägt. Es erlaubt Ihnen, mentale Ruhe und körperliche Entspannung durch die Kraft Ihrer Gedanken zu fördern. Indem Sie die Technik regelmäßig anwenden, können Sie Ihre Resilienz stärken, Stress abbauen und eine tiefere Verbindung zu sich selbst herstellen. Ob im Alltag oder als Teil einer umfassenden Therapie – das Autogene Training bietet Ihnen einen Weg, die Balance zwischen Körper und Geist wiederzufinden und zu bewahren.
Dieser Artikel wurde von Viktoria Krebs, Psychologin in Ausbildung, GORTcoaching geschrieben und stützt sich auf Informationen aus:
Derbolowsky, U. (1991). Autogenes Training. In U. Derbolowsky, Wer mich nicht liebt, ist selber schuld (pp. 123–137). Birkhäuser Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5631-7_18
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