Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, mit einer Lebenszeitprävalenz von 0,5 bis 15 %. Unbehandelt können diese Störungen persistieren und sich in ihrer Intensität verstärken, was dazu führt, dass die Symptome immer mehr das tägliche Leben beeinträchtigen. Glücklicherweise hat sich die Verhaltenstherapie als eine der wirksamsten Behandlungsmethoden etabliert, um Menschen mit Angststörungen zu helfen, ihre Ängste zu überwinden und ein erfüllteres Leben zu führen.
Die Verhaltenstherapie basiert auf drei zentralen Elementen: Psychoedukation, Reizkonfrontation und kognitiven Verfahren. Diese gezielte Kombination hat sich als äußerst effektiv erwiesen, um sowohl akute als auch langanhaltende Ängste zu behandeln.
Psychoedukation: Der erste Schritt zur Erleichterung
Der Beginn einer Verhaltenstherapie bei Angststörungen erfolgt meist mit Psychoedukation. Dabei geht es darum, den Patienten ein grundlegendes Verständnis für ihre Ängste zu vermitteln. Viele Betroffene wissen nicht, dass ihre Ängste weit verbreitet sind und dass zahlreiche andere Menschen ähnliche Erfahrungen machen. Sie haben häufig das Gefühl, allein mit ihren Ängsten zu sein, oder fürchten, „verrückt“ zu werden.
In der Psychoedukation lernen Sie, Ihre Symptome zu erkennen und einzuordnen. Ihnen wird erklärt, wie Angst entsteht, welche Mechanismen die Symptome aufrechterhalten und warum diese so belastend wirken. Dieses Wissen nimmt einen großen Teil der Scham und Angst, da Sie verstehen, dass Ihre Reaktionen nicht ungewöhnlich sind und behandelt werden können. Zudem wird das Verständnis für die Behandlungsmöglichkeiten geschaffen, was die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit erhöht.
Reizkonfrontation: Angst abbauen durch Konfrontation
Ein weiteres zentrales Element der Verhaltenstherapie ist die Reizkonfrontation. Der aufrechterhaltende Mechanismus bei vielen Angststörungen ist das Vermeidungsverhalten. Wenn Sie eine angstauslösende Situation vermeiden, mag dies zunächst Erleichterung verschaffen. Doch langfristig verstärkt diese Vermeidung die Angst, da Sie nie lernen, der Situation zu begegnen.
Im Rahmen der Verhaltenstherapie werden Sie schrittweise mit den angstauslösenden Reizen konfrontiert. Dies kann in der Vorstellung (in sensu) oder direkt (in vivo) geschehen. Ziel ist es, Ihnen zu zeigen, dass die befürchteten Katastrophen in den meisten Fällen nicht eintreten. Stattdessen erleben Sie, dass Sie den angstauslösenden Situationen gewachsen sind und die Angst nach und nach nachlässt. Besonders bei Phobien, etwa der Angst vor Spritzen, wird häufig eine spezielle Technik angewendet, bei der Sie vor der Konfrontation mit der angstbesetzten Situation die sogenannte „Angewandte Anspannung“ erlernen. Dies hilft, Ohnmachtsgefühle zu verhindern und steigert das Selbstvertrauen.
Kognitive Verfahren: Ängste durch Gedanken ändern
Zusätzlich zur Psychoedukation und Reizkonfrontation kommen in der Verhaltenstherapie kognitive Verfahren zum Einsatz. Besonders bei der Behandlung von Generalisierten Angststörungen, Panikstörungen und Sozialer Phobie spielen diese Verfahren eine wichtige Rolle. Hierbei geht es darum, dysfunktionale Denkmuster zu identifizieren und zu verändern.
Viele Patienten neigen dazu, ihre Ängste zu dramatisieren und sich katastrophale Szenarien vorzustellen. In der kognitiven Therapie lernen Sie, diese Gedanken zu hinterfragen und realistischere Bewertungen vorzunehmen. Ein Beispiel: Wenn Sie bei einem Vorstellungsgespräch starke Ängste empfinden, könnten Sie automatisch davon ausgehen, dass alles schiefgeht. In der kognitiven Therapie lernen Sie, diese übertriebenen Ängste zu überprüfen und Ihre Erwartungen anzupassen, was die Angst mindert und die Kontrolle über die Situation zurückgibt.
Wirksamkeit der Verhaltenstherapie
Die Wirksamkeit der Verhaltenstherapie bei Angststörungen ist wissenschaftlich gut belegt. Zahlreiche Studien zeigen, dass diese Methode besonders effektiv ist, um akute Ängste zu reduzieren und langanhaltende Veränderungen zu bewirken. Der große Vorteil der Verhaltenstherapie liegt in der aktiven Einbindung der Patienten. Sie lernen, ihre Ängste selbst zu verstehen, zu kontrollieren und langfristig zu überwinden. Das Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten werden gestärkt, was zu einer verbesserten Lebensqualität führt.
Ein weiterer positiver Aspekt der Verhaltenstherapie ist die strukturierte Herangehensweise. Der Fokus liegt auf konkreten, greifbaren Zielen und der schrittweisen Konfrontation mit der Angst. Diese klare Struktur ermöglicht es, Fortschritte schnell sichtbar zu machen und die Motivation der Patienten hoch zu halten. Bereits nach wenigen Sitzungen können spürbare Erfolge erzielt werden, was die Behandlung besonders motivierend macht.
Fazit
Die Verhaltenstherapie hat sich als äußerst wirksam bei der Behandlung von Angststörungen etabliert. Sie kombiniert Psychoedukation, Reizkonfrontation und kognitive Verfahren, um Ihnen zu helfen, Ihre Ängste zu verstehen und zu überwinden. Durch die aktive Mitarbeit und das Erlernen von Bewältigungsstrategien können Sie die Kontrolle über Ihre Ängste zurückgewinnen und ein selbstbestimmtes Leben führen. Wenn Sie unter einer Angststörung leiden, könnte die Verhaltenstherapie eine der besten Behandlungsmöglichkeiten sein, um Ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.
Dieser Artikel wurde von Viktoria Krebs, Psychologin in Ausbildung, GORTcoaching geschrieben und stützt sich auf Informationen aus:
Lohmann, B., & Annies, S. (2016). Angststörungen. In Achtsamkeit in der Verhaltenstherapie Störungsspezifische Interventionen und praktische Übungen (2.Auflage). Schattauer GmbH. https://books.google.nl/books?hl=de&lr=&id=mqW2CwAAQBAJ&oi=fnd&pg=PA3&dq=Verhaltenstherapie+%C3%9Cbungen&ots=m3qs-jA_Ju&sig=9TmBk3ISeP6s01dURxYwFApVPR0&redir_esc=y#v=onepage&q=Verhaltenstherapie%20%C3%9Cbungen&f=false