Die Teilnahme an einem MBSR-Kurs (Mindfulness-Based Stress Reduction) kann eine intensive und bereichernde Erfahrung sein. Gleichzeitig ist es wichtig zu wissen, dass emotionale Herausforderungen auftreten können. Das bewusste Lenken der Aufmerksamkeit, das ein zentraler Bestandteil der Achtsamkeitspraxis ist, kann Gefühle an die Oberfläche bringen, die vorher verborgen oder unbewusst waren.
Emotionale Intensität während der Praxis
Viele Menschen erleben während der Übungspraxis eine verstärkte Wahrnehmung von Gefühlen wie Traurigkeit, Angst oder Ärger. Dies liegt daran, dass die bewusste Aufmerksamkeitslenkung den Raum eröffnet, Emotionen bewusst wahrzunehmen, ohne sie zu unterdrücken. Solche Erfahrungen können überraschend oder herausfordernd sein, sind jedoch ein natürlicher Bestandteil des Prozesses.
Wenn Sie sich in einer schwierigen emotionalen Situation befinden oder kürzlich traumatische Erlebnisse, einen Verlust oder bedeutende Lebensveränderungen durchgemacht haben, ist es ratsam, diese Umstände mit Ihrem Kursleiter zu besprechen. Gemeinsam können Sie überlegen, ob und wie die Übungspraxis angepasst werden sollte. In einigen Fällen könnte es sinnvoll sein, mit der Teilnahme an einem Kurs zu warten, bis akute Symptome abgeklungen sind.
Selbstentdeckung und Herausforderungen
Ein weiteres emotionales Risiko besteht darin, dass Sie während der Praxis möglicherweise Dinge über sich selbst entdecken, die Ihnen zunächst unangenehm oder unbekannt sind. Diese Erkenntnisse können dazu beitragen, alte Muster zu erkennen und zu hinterfragen, was oft mit einem Gefühl der Unsicherheit einhergeht. Sich solchen Herausforderungen zu stellen, ist jedoch ein wesentlicher Teil des Lernprozesses und der persönlichen Weiterentwicklung.
MBSR fordert uns manchmal auf, uns mit dem Unbekannten auseinanderzusetzen. Dies kann beängstigend, aber auch befreiend sein, wenn wir erkennen, dass das Annehmen von Unsicherheit ein Schlüssel zur inneren Stabilität sein kann.
Veränderungen und das soziale Umfeld
Die Auswirkungen von MBSR beschränken sich nicht nur auf die eigene Person, sondern können auch Veränderungen im sozialen Umfeld nach sich ziehen. Teilnehmende bemerken häufig, dass sich ihre Reaktionen, Verhaltensweisen und Kommunikationsmuster verändern. Für Familienmitglieder, Freunde oder Kolleginnen und Kollegen können diese neuen Verhaltensweisen ungewohnt oder sogar irritierend wirken.
Es kann hilfreich sein, das direkte Umfeld in den Prozess einzubeziehen und um Unterstützung zu bitten. Die zusätzliche Zeit, die Sie für die Übungen benötigen, kann ein Thema sein. Verständnis und Kooperation im familiären und beruflichen Umfeld können wesentlich dazu beitragen, dass Sie Ihre Achtsamkeitspraxis erfolgreich in den Alltag integrieren.
Zeit als Herausforderung
Viele Teilnehmende empfinden es anfangs als schwierig, Zeit für die Achtsamkeitspraxis zu finden. Der Eindruck, dass der Alltag bereits ausgelastet ist, kann zu einem Hindernis werden. Interessanterweise berichten jedoch viele Menschen von einer paradoxerweise positiven Erfahrung: Durch die regelmäßige Praxis fühlen sie sich am Ende des Tages freier und empfinden ihren Zeitplan als weniger überladen.
Das bewusste Einplanen von Übungszeit kann helfen, eine neue Perspektive auf die eigene Zeitnutzung zu gewinnen. Die Achtsamkeitspraxis bietet nicht nur eine Möglichkeit zur Entschleunigung, sondern auch einen Weg, die Qualität der verbleibenden Zeit zu verbessern.
Unterstützung und Kommunikation
Es ist wichtig, jegliche Bedenken oder Schwierigkeiten mit der Kursleitung zu teilen. Dies kann helfen, die Praxis besser an Ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen und mögliche Risiken zu minimieren. Regelmäßige Reflexion und der Austausch mit anderen Teilnehmenden können ebenfalls dabei unterstützen, emotionale Herausforderungen zu bewältigen.
MBSR bietet die Chance, sich selbst auf einer tieferen Ebene zu begegnen. Dabei ist es normal, dass diese Reise auch mit emotionalen Höhen und Tiefen verbunden sein kann. Die Bereitschaft, sich diesen Erfahrungen zu stellen, eröffnet jedoch neue Wege zu mehr Klarheit, Akzeptanz und innerer Ruhe.
Dieser Artikel wurde von Viktoria Krebs, Psychologin in Ausbildung, GORTcoaching geschrieben und stützt sich auf Informationen aus:
Santorelli, S. F., Meleo-Meyer, F., Koerbel, L., & Kabat-Zinn, J. (2017). Stressbewältigung durch Achtsamkeit (MBSR) Autorisiertes MBSR Curriculum. Center for Mindfulness in Medicine, Health Care, and Society. file:///C:/Users/gortc/Downloads/MBSR-Kurs_Curriculum_DeutschCFM_2017%20(2).pdf